Posttraumatische Belastungsstörung
Posttraumatische Belastungsstörung – das Berufsrisiko
Meine eigenen Erfahrungen als Polizist in einer Frontabteilung bei der Luzerner Polizei haben mich in den letzten 20 Jahren geprägt. Sie haben mir aufgezeigt, wie wichtig eine angepasste Begleitung bei belastenden Situationen ist. Aus diesem Grund ist es mir ein Anliegen, Angehörige der Risikogruppen für posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) zu unterstützen.
Als Risikogruppen gelten vorwiegend Angehörige von Blaulichtorganisationen: also Polizistinnen und Polizisten, Angehörige der Feuerwehr und der Sanitätsdienste. Diese sind als erste vor Ort, um professionelle Hilfe zu leisten.
„Mir ist es ein Anliegen Sie bei PTBS zu unterstützen“
Schlüsselerlebnisse, die PTBS auslösen können
Als Polizist weiss ich, dass es oft schreckliche Bilder und belastende Situationen sind, welche unseren Arbeitsalltag bestimmen. Diese lassen sich nach Dienstschluss oft nicht einfach wie die Uniform ablegen. Sie begleiten uns und beeinflussen manchmal unser weiteres Denken sowie Handeln. Dabei gibt es einige Schlüsselerlebnisse, welche uns besonders fordern:
- eigene Verletzung / Bedrohung des Lebens
- Verletzung einer Kollegin / eines Kollegen
- Tod einer Kollegin / eines Kollegen
- Schusswaffeneinsatz mit ernsthaften Folgen
- Grossereignis
- Aggressions- und Gewalterfahrung
- Situationen, in welchen man sich hilflos, emotional beteiligt oder überwältigt fühlt
Dabei spielen bereits gemachte Erfahrungen eine grosse Rolle. Ebenso, wie stark man sich mit einer Situation oder Rolle identifizieren kann.
Aus solchen Schlüsselerlebnissen können Belastungsreaktionen entstehen. Diese sind absolut normal und können nicht abtrainiert oder verdrängt werden. Es sind normale Reaktionen auf eine abnormale Situation. Auch Angehörige der Blaulichtorganisationen haben Gefühle und Emotionen.
Auch für mich waren diese Belastungsreaktionen anfänglich fremd und verwirrend. Niemand hat uns darauf vorbereitet, dass wir Schlafstörungen haben könnten, immer wieder die Situationen durchleben, Schuldgefühle haben und uns vielleicht sogar sozial zurückziehen. Erschwerend kommt das traditionelle Rollenbild hinzu: Ein Polizist weint nicht, ein Feuerwehrmann geht ohne zu zögern ins Feuer und ein Rettungssanitäter ist Herr über Leben und Tod.
Belastungsreaktionen auf verschiedenen Ebenen
Trotzdem ist es sehr wichtig, auf seine Gefühle zu achten und Reaktionen bzw. Verhaltensweisen zu reflektieren. Unterdrückte Belastungsreaktionen brechen irgendwann auf. Eine posttraumatische Belastungsstörung beeinträchtigt auf allen Ebenen:
- körperlich (Erschöpfung, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Druckgefühle, etc.),
- gedanklich (aufdrängende Erinnerungen, erhöhte Wachsamkeit, Selbstvorwürfe, Chaos im Kopf, etc.),
- emotional (Angst, Scham, Hilflosigkeit, Gefühllosigkeit, Schuldgefühle, etc.) sowie
- sozial (Rückzug von anderen Menschen, Gereiztheit, vermehrter Alkohol- oder Medikamentenkonsum, etc.).
Folgen von PTBS
Das kann zu beruflichen und privaten Problemen führen. Ein Teufelskreis, der sich zu drehen beginnt. Wir sind gestresst und genervt, haben zu wenig Schlaf und sind mit den Gedanken abwesend. Dadurch sind wir in der Partnerschaft leicht reizbar, was uns wiederum die Partnerin bzw. der Partner spüren lässt. Im Geschäft machen wir ungewollt Fehler, sind der Kundschaft oder den Mitarbeitenden gegenüber unhöflich und gereizt.
In allen Bereichen werden unbewusst weitere Stressfaktoren produziert, die zu zusätzlichen Belastungen führen. Wir sind nicht mehr in unserer Mitte und finden keine Ruhe.
Posttraumatische Belastungsstörungen können deshalb zu Stress, Krankheit, Depression, Suchtmittelmissbrauch, Burnout und im Extremfall zu Suizid führen. Die Folgen sind nicht zu unterschätzen oder zu verharmlosen.
Möglichkeiten der Stressbewältigung
Glücklicherweise sind wir diesem Geschehen aber nicht hilflos ausgeliefert. Wir haben die Ereignisse zwar nicht in der Hand, können den Umgang damit und deren Verarbeitung aber selber bestimmen. Es macht Sinn, in «Friedenszeiten» eine Strategie auszuarbeiten oder sich zumindest damit zu befassen. In einer Phase von auftretenden Belastungssymptomen ist der Kopf dafür nicht mehr frei.
Es gibt einige Möglichkeiten, die bei der Stressbewältigung helfen:
- Gespräche mit vertrauten Personen. Sie unterstützen dabei, das Ereignis zu komplettieren und sich der eigenen Gefühle sowie Verhaltensmuster bewusst zu werden.
- Der ganz normale Alltag mit seinem Rhythmus gibt uns Halt und einen geregelten Ablauf.
- Die aufkommenden Gefühle zulassen und ihnen bewusst Zeit sowie Raum geben. Nur so können Emotionen wahrgenommen und verarbeitet werden.
- Ein ausgewogenes Mass an Ruhe und Bewegung sorgt für körperliche Müdigkeit. Zudem werden so bestimmte Stress-Hormone abgebaut.